Verpackungsgesetz und eine Mülltonne auf der Straße

Das neue Verpackungsgesetz – was sich ändert und was Sie jetzt beachten müssen

Mit 220kg pro Person produziert Deutschland europaweit die größte Menge an Verpackungsabfällen[1]. Auf diese traurige Spitzenposition haben die Gesetzgeber nun zum Jahreswechsel mit dem neuen Verpackungsgesetz reagiert.

Grundsätzlich gilt schon lange im Sinne der Produktverantwortung, dass Unternehmen für die Vermeidung, Wiederverwendung und Entsorgung ihrer Verpackungen zuständig sind. Wer Verpackungen in Umlauf bringt, muss auch für deren Einsammlung und Recycling finanziell aufkommen. Dieser Pflicht ist allerdings eine Vielzahl an Unternehmen unter der alten Gesetzgebung nicht oder nur ungenügend nachgekommen. Ein Zustand, der sich mit dem neuen Verpackungsgesetz ändern soll.

In unserem heutigen Blog-Beitrag gehen wir daher noch einmal genau darauf ein, wer vom neuen Verpackungsgesetz betroffen ist, was sich für Online-Händler dadurch konkret ändert und wieso Sie sich unbedingt im neuen Verpackungsregister registrieren sollten.

Was ist Ziel des neuen Verpackungsgesetzes?

Am 01.01.2019 hat das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) die bis dato geltende Verpackungsverordnung in Deutschland abgelöst. Als Teil der Kampagne „Nein zur Wegwerfgesellschaft“ sind die Ziele der Gesetzesänderung die Reduktion der umweltschädlichen Auswirkungen von Verpackungsabfällen und höhere Transparenz bei der Verpackungsentsorgung. Dies soll durch Anreize zu mehr Recycling und ressourcenschonenden Verpackungen sowie einer zentralen Kontrollinstanz gelingen.

Für wen gilt das neue Verpackungsgesetz?

Das VerpackG gilt für alle Hersteller „systembeteiligungspflichtiger Verpackungen“. Unter letzteres fallen alle mit Waren befüllten Verkaufs- und Umverpackungen, die erstmalig an private Endverbraucher gerichtet in den Verkehr gebracht werden. Das Gesetz versteht unter Herstellern also nicht Produzenten von Leerverpackungen, sondern die Unternehmen, die eine Verpackung erstmals zum Versand oder Verkauf eines Produktes an private Endverbraucher nutzen. Als Orientierung, ob der eigene Shop unter das VerpackG fällt, dient die folgende Checkliste:

  • Werden Verpackungen mit Ware befüllt?
  • Und/oder wird verpackte Ware aus dem Ausland importiert?
  • Handelt es sich um gewerbsmäßiges Handeln?
  • Fallen die in Verkehr gebrachten Verpackungen bei privaten Endverbrauchern als Abfall an?

Da sich das Gesetz auf Verpackungen bezieht, die bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen, betrifft es grundsätzlich nur Unternehmen aus dem B2C-Bereich. Wichtig ist hier, dass unter „privaten Endverbrauchern“ nicht allein Konsumenten im umgangssprachlichen Sinne verstanden werden, sondern ebenso die Belieferung von „gleichgestellten Anfallstellen“, etwa Gastronomie, Verwaltungen, Krankenhäuser sowie Bildungs-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen.[2]

Speziell Online-Shops sind mindestens für Versandverpackungen und Füllmaterial, als Hersteller ihrer Waren ebenso für die eigentliche Produktverpackung, verantwortlich. Die Verpflichtungen des VerpackG sind unabhängig von der Gewerbegröße und gelten ab der ersten gewerbsmäßig in Umlauf gebrachten Verpackung. Auch Hersteller, die ihre Produkte über Marketplaces, wie Amazon, vertreiben, unterliegen dem VerpackG.

Was hat sich konkret geändert?

Auch wenn es unter der Verpackungsverordnung schon eine Vielzahl an Regelungen für den Umgang mit Verpackungsabfällen gab, wurden diese im neuen Verpackungsgesetz noch verschärft und erweitert. Die wichtigsten Änderungen und Neuerungen führen wir im Folgenden auf.

Erhöhte Recyclingquoten

 

Das neue Verpackungsgesetz fordert von den für die Verwertung zuständigen dualen Systemen höhere Recyclingquoten. Über drei Jahre gestaffelt soll der Anteil an aus Verpackungen wiedergewonnen Wertstoffen deutlich gesteigert werden. Etwa von 36 auf 63% bei Kunststoffen oder von 70 auf 90% bei Papierverpackungen.

Erweiterte Pfandpflicht

Plastikflaschen Verpackungsgesetz

Durch das VerpackG wird auch die Einweg-Pfandpflicht auf bestimmte Getränke erweitert. Für bisher pfandfreie Frucht- und Gemüsenektare mit Kohlensäure sowie Getränke mit einem Molkeanteil von mindestens 50% muss nun ein Pfand von 0,25€ erhoben werden.

Gleichzeitig wird die Kennzeichnungspflicht verschärft. Händler von Getränken sind verpflichtet, Getränkeverpackungen klar als Mehr- oder Einwegflaschen zu kennzeichnen. So soll Verbrauchern eine bewusstere Einkaufsentscheidung ermöglicht werden. Die Kennzeichnung muss in Form von deutlich sichtbaren Beschilderungen am Regal oder einer gleichermaßen sichtbaren Stelle erfolgen. Die Kennzeichnungspflicht gilt auch für Online-Shops, die Getränke vertreiben. Der Hinweis auf Mehr- oder Einweg muss mindestens so groß, wie die Preisauszeichnung auf der Produktseite sein. Eine Nichteinhaltung kann mit einer Geldbuße von bis zu 10.000€ geahndet werden.

Zentrale Stelle Verpackungsregister

Die wohl wichtigste Neuerung für Online-Shops durch das neue Verpackungsgesetz ist die Schaffung der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR). Als zentrale Aufsichtsbehörde ist es Aufgabe der ZSVR, die Gesetzesvorgaben zu konkretisieren, den administrativen Aufwand zu minimieren und deren Einhaltung zu kontrollieren. Grundsätzlich dient die ZVSR einer transparenteren und faireren Verteilung der Entsorgungskosten von gewerblichen Verpackungen. Die rechtskonforme Übernahme der Produktverantwortung ist öffentlich einsehbar und Trittbrettfahrer-Verhalten wird verhindert. Konkret ergeben sich für Unternehmen 4 Pflichten in Bezug auf die ZSVR:

1.Registrierungspflicht

Jedes Unternehmen, das Ware erstmalig verpackt in Umlauf bringt, ist verpflichtet, sich bei der ZSVR zu registrieren. Hierzu wurde das Verpackungsregister LUCID geschaffen, auf das über www.verpackungsregister.org zugegriffen werden kann.

Zur Registrierung müssen folgende Daten des Herstellers angegeben werden:

  • Name, Anschrift und Kontaktdaten
  • Angabe einer vertretungsberechtigten natürlichen Person
  • Nationale Kennnummer, einschließlich europäische oder nationale Steuernummer
  • Markenname, unter dem Verpackungen in Verkehr gebracht werden
  • Erklärung zur Systembeteiligung oder Branchenlösung
  • Erklärung, dass Angaben der Wahrheit entsprechen

Das Register der ZSVR ist öffentlich einsehbar, mit dem Ziel, mehr Transparenz bezüglich der Verpackungsstruktur bei den Verbrauchern zu schaffen.

Kommt ein Inverkehrbringer von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen der Registrierung nicht nach, steht er unter Vertriebsverbot. Wird die Ware trotz fehlender Registrierung angeboten, können Bußgelder von bis zu 100.000€ drohen.

2.Beteiligung an dualem System

Gelber Sack

Neben der Registrierung ist jedes Unternehmen verpflichtet, sich an einem oder mehreren dualen Systemen (Bsp.: Grüner Punkt) zu beteiligen. Hierzu müssen Registrierungsnummer sowie Materialart und -masse an das gewählte System übermittelt werden. Bei Nicht-Beteiligung an einem dualen System können Bußgelder von bis zu 200.000€ angeordnet werden.

Die dualen Systeme sind zur Erfüllung der oben genannten Recycling-Quoten verpflichtet und erheben Lizenzkosten je nach Menge und Art der in Verkehr gebrachten Verpackungsmaterialien. Während die Systembeteiligung bereits unter der Verpackungsverordnung verpflichtend war, sollen mit dem neuen Verpackungsgesetz verstärkt recyclebare Verpackungen belohnt werden. Anteilsabhängige Lizenzgebühren müssen einen konkreten finanziellen Anreiz bieten, ressourcenfreundliche Wertstoffe zu bevorzugen und auf unnötiges Verpackungsmaterial zu verzichten. Hierzu sind die dualen Systeme gem. §21 Absatz 1 VerpackG verpflichtet und es steht ein Orientierungskatalog zur Beurteilung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen auf der Website der ZSVR zur Verfügung.

3. Datenmeldung

Die an das duale System übermittelten Daten sind im selben Umfang und in der selben Häufigkeit an die zentrale Stelle zu melden. Die erforderten Daten sind:

  • Registrierungsnummer
  • Materialart und Masse der beteiligten Verpackungen
  • Name des beteiligten System
  • Zeitraum der Systembeteiligung

4. Jährliche Vollständigkeitserklärung

Hersteller, die dem VerpackG unterliegen, sind verpflichtet, jährlich bis zum 15. Mai eine Erklärung über alle von ihnen im letzten Jahr in Umlauf gebrachten Verpackungen einzureichen. Diese Vollständigkeitserklärung muss durch einen registrierten Sachverständigen, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchprüfer geprüft und bestätigt werden. Von der Pflicht zur Vollständigkeitserklärung befreit, sind Unternehmen, die die folgenden Verpackungsmaterialmengen unterschreiten:

  • Glas < 80.000kg
  • Papier, Pappe und Karton < 50.000 kg
  • Eisenmetalle, Aluminium, Kunststoffe, Getränkekartons, sonstige Materialarten: <30.000 kg

Fazit

Das neue Verpackungsgesetz soll die Umwelt durch seine Kontroll- und Anreizfunktionen schützen, die Transparenz für Verbraucher steigern und einen fairen Wettbewerb sichern, bei dem jedes Unternehmen seiner individuellen Verantwortung für Verpackungsabfall nachkommt. Zwei Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes zieht die ZSVR eine erste Bilanz: soweit „ein guter Start“. Bis zum 14. Januar sind bereits 130.000 Unternehmen ihrer Registrierungspflicht nachgekommen. Zum Vergleich: im alten System waren es nur 60.000 Unternehmen, die die dualen Systeme finanzierten. Bis zum Jahresende wird ein weiterer Anstieg der Neuregistrierungen auf 230.000 -250.000 Unternehmen geschätzt.[3]

Wer allerdings eine Registrierung bis jetzt versäumt hat, sollte damit keinesfalls noch länger warten. Denn es drohen hohe Bußgelder und Abmahnungen. Das öffentliche Register der ZSVR ist nicht nur für Verbraucher, sondern ebenso für Konkurrenten frei einsehbar. Unternehmen nutzen bereits jetzt zunehmend die Möglichkeit, Mitbewerber aufgrund fehlender Registrierung abzumahnen. Wer noch nicht im Verpackungsregister gelistet ist, sollte dies also schnellstmöglich nachholen.

 


 

[1] http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/submitViewTableAction.do

[2] weitere Beispiele in § 3 Abs. 11 VerpackG

[3] Handelsblatt: Neues Register soll Plastik-Entsorgung verbessern (2019)